Es muss ein bewegender Moment gewesen sein. Die Zeitung The Times of Israel beschreibt, wie Rahel Berkovits 2015 bei ihrer Ordination im orthodoxen Jerusalemer Zentrum Har’el die Tränen kamen, weil sie von diesem Moment nie zu träumen gewagt hatte. Und wie sie schlagfertig scherzte: „Hey, echte Rabbis weinen!“
Heute, mehr als fünf Jahre später, ist die jüdisch-orthodoxe Feministin Berkovits längst eine weithin anerkannte Rabbinerin, die sich als Geistliche in einer vermeintlich hermetischen Männerwelt behauptet. Sie hat die Synagoge Shira Hadasha mitgegründet, die nach halachischen (sprich: dem jüdischen Gesetz folgenden) Wegen sucht, Frauen in den Gottesdienst einzubeziehen. Sie lehrt am Pardes Institut für Jüdische Studien in Jerusalem und publiziert über Frauen und Jüdisches Recht genau so wie über jüdische Sexualethik. Wie geht das zusammen: Feminismus und jahrtausendealte Tradition? Wie viel modernes Denken hat überhaupt Raum in der Orthodoxie? Offenbar mehr, als die gängigen Klischees vermuten lassen.
Schluss mit den Vorurteilen!
Inspiriert wurde Rahel Berkovits unter anderem von ihrem Großvater – dem berühmten Rabbiner Eliezer Berkovits. Der erhielt seine Ordination am Hildesheimer Seminar und amtierte bis 1939 in der Berliner Synagoge Pestalozzistraße. Schon er trat für die Frauenrechte im Judentum ein und verfasste unter anderem das Werk The Jewish Woman in Time and Torah.
Im Video-Gespräch tauscht sich Rahel Berkovits nun mit Tom Kučera aus, Rabbiner der Liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom in München. Ihre Diskussion mit dem Titel „Inside Israel: Orthodoxer Feminismus? Moderne Orthodoxie im Judentum und die Rolle der Frauen“ verspricht spannende Einblicke in eine Welt, die gemeinhin von Vorurteilen verstellt bleibt.
Der Abend wird vom Jüdischen Museum München zusammen mit der Evangelischen Stadtakademie und der Petra Kelly Stiftung veranstaltet.