Der Grabstein von Rahel Varnhagen (1771-1833) auf dem evangelischen Friedhof der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin ist ein interessantes Dokument für die widersprüchlichen Herausforderungen der Emanzipation. Der neuen Selbstentfaltung in der christlichen Umwelt standen demütigende Erfahrungen gegenüber, die erst ab dem Zeitpunkt als schmerzlich und beschämend erfahren wurden, an dem sich Juden als Teil der allgemeinen Gesellschaft definierten. Die vielen Vor- und Familiennamen, die sich in der Biographie von Rahel finden, bezeugen dieses Phänomen. Geboren wurde sie als Rahel Levin. Nach dem Tod ihres Vaters nahmen sie und ihre Geschwister den Familiennamen Robert an, der weniger ‚jüdisch’ klingt als Levin, ein Name der sich von den Tempeldienern, den Leviten, herleitet. Mit der Taufe änderte sie ihre Vornamen in Friederike Antonie, um den 14 Jahre jüngeren Karl August Varnhagen von Ense heiraten zu können. Rahel starb 1833 im Alter von 62 Jahren, wurde aber erst 25 Jahre später, zusammen mit ihrem 1858 verstorbenen Ehemann, beigesetzt. Auf dem Grabstein sind sowohl ihr Taufname als auch ihr jüdischer Vorname eingraviert. Vermutlich, weil sie mit diesem Namen als Gastgeberin geistreicher Geselligkeiten und Autorin bekannt geworden ist. Ihr Geburtstag wird mit dem ersten Pfingsttag 1771 angegeben, ein Hinweis darauf, das die Taufe, die sie im Alter von 43 Jahren empfing, theologisch eine Neugeburt darstellt, mit der das vorherige Leben ausgelöscht wird. Auf ihrem Grabstein ist der Taufname Robert als Geburtsname verewigt, nicht aber der jüdische Familienname Levin.