18.02.2022

Jude ist kein Schimpfwort

Mit einem „besonderen Hinweis“ zum Stichwort „Jude“ hat der Duden-Verlag eine Begriffsdebatte ausgelöst. Auch in den Sozialen Medien wurde über den Duden-Zusatz diskutiert. In der ursprünglichen Anmerkung des Verlags hatte es geheißen, gelegentlich werde die Bezeichnung Jude/Jüdin „wegen der Erinnerung an den nationalsozialistischen Sprachgebrauch als diskriminierend empfunden“. Dann werde auf Begriff wie jüdische Menschen, jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger oder Menschen jüdischen Glaubens zurückgegriffen. Gegen diesen Diskriminierungs-Vorbehalt hat unter anderem der Zentralrat der Juden in Deutschland klar Stellung bezogen. Für ihn sei das Wort Jude weder ein Schimpfwort noch diskriminierend, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. Jüdin*Jude sei ein Begriff auf Augenhöhe. Die Anmerkungen des Duden-Verlags seien sicher wohlmeinend gewesen, doch solle es vermieden werden, den Begriff als diskriminierend zu verfestigen.

Die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion, Anna Staroselski, bemängelte im Nachrichtenmagazin „Spiegel“, dass mit dieser Debatte einmal mehr über Jüdinnen*Juden geredet werde, statt mit ihnen. Sie kenne keinen Juden, der sich unwohl dabei fühle, das Wort in den Mund zu nehmen. Nichtjüdische Menschen täten sich viel schwerer damit. Staroselski kritisierte ferner, dass die Alternativbegriffe, die der Duden anführt, Jüdinnen*Juden in Deutschland „exotisiere“, weil sie als eine Gruppe außerhalb der Gesellschaft markiert würden. Statt ein unproblematisches Wort zu problematisieren müssten Vorurteile bekämpft werden, die zum vermeintlichen Unbehagen in der Wortwahl führen.

Die Leiterin der Duden-Redaktion, Kathrin Kunkel-Razum, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, die Redaktion nehme die Kritik ernst und könne nachvollziehen, dass der Hinweis auf Diskriminierung selbst als diskriminierend empfunden werde. Inzwischen hat der Verlag den „besonderen Hinweis“ verändert. Nun ist dort zu lesen: „Wegen des antisemitischen Gebrauchs in Geschichte und Gegenwart, besonders in der Zeit des Nationalsozialismus, werden die Wörter Jude/Jüdin seit Jahrzehnten von der Sprachgemeinschaft diskutiert. Gleichzeitig werden die Wörter weiterhin völlig selbstverständlich verwendet und nicht als problematisch empfunden. Der Zentralrat der Juden in Deutschland, der die Bezeichnung selbst im Namen führt, spricht sich für die Verwendung aus.“