Eine Veranstaltung des Projekts:
1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Im Jahre 321 nach Christus wandte sich der Stadtrat von Köln, seinerzeit die Hauptstadt der niedergermanischen römischen Provinz, an Kaiser Konstantin den Großen in einer administrativen Angelegenheit. Der Kaiser reagierte mit einem Erlass, einem Dekret, das den Provinzstädten die Berufung von Juden in den Stadtrat gestattete und im gesamten Imperium Romanum gültig war. Seitdem gilt diese Urkunde als ältester erhaltener Beleg für die Existenz einer jüdischen Gemeinde nördlich der Alpen. 1700 Jahre ist das nun her.
Unter der Schirmherrschaft des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) fanden 2021 in Nordrhein-Westfalen eine Reihe von Veranstaltungen statt – sie alle mit dem Ziel, die Geschichte der hier ansässigen Jüdinnen*Juden nachzuzeichnen. Dreh- und Angelpunkt ist Köln, weil keine andere Stadt in NRW so mit der jüdischen Geschichte verbunden ist.
Vier multimediale Kuben werfen Schlaglichter auf Aspekte jüdischen Lebens um Köln
Für dieses Festjahr hat das MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln die Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ konzipiert – vier begehbare und multimedial bespielte Kuben, die sich jeweils einem Thema widmen. Kubus eins behandelt Recht und Unrecht, das der jüdischen Bevölkerung widerfahren ist, etwa das Pestpogrom von 1349, die spätmittelalterliche Ausweisung aus den Städten und die Shoa, aber auch die Zeiten, in denen Jüdinnen*Juden gleichberechtigt waren und Religion keine Rolle spielte, sowie die Bildung eines jüdischen Staates.
Kubus zwei gibt einen Einblick in das Leben und Miteinander der jüdischen und christlichen Bevölkerung. So unterstützte der jüdische Bankier und Mäzen Abraham von Oppenheim (1804–1878) maßgeblich den Bau des Kölner Doms, während der protestantische Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner die Synagoge in der Kölner Glockengasse errichtete.
Kubus drei befasst sich mit Religion und Geistesgeschichte, wie sieht eine Synagoge aus, was bedeutet Haskala und welche Schriften gibt es. Kubus vier beleuchtet Kunst und Kultur. Feiertage werden mit ihren Riten und Symbolen erklärt und welche Rolle spielt Musik in der Religion uvm.
Die Wanderausstellung ist 2021 in Essen, Münster, Köln, Dortmund und Wesel zu sehen und macht 2022 Station in Köln, München und Aachen. Ein weiterer Standort folgt.
Von jüdischen Erfahrungen im Film der DDR bis zu Fußball
Weitere Highlights: Das OFF-Broadway Kino Köln und das MiQua zeigen den DEFA-Film „Sterne“ des Regisseurs Konrad Wolf aus dem Jahr 1959. Hierzu führt Dr. Lisa Schoß inhaltlich ein und spricht über „jüdische Erfahrungen im Film der DDR“ sprechen. An der Universität Bonn (ZERG) spricht PD Dr. Annett Martini über die jüdische Schriftkultur und die Besonderheiten der Tora. Herr Prof. Dr. Lorenz Peiffer liest in der Germania Judaica aus seinem Buch über den israelischen Fußballnationaltrainer Emanuel Schaffer und seine Verbindung zu Köln, und Frau Dr. Linda Wiesner erklärt im Kolumba, was eine Genisa ist und was es mit den Textilien darin auf sich hat.
Der Vortrag von Frau Prof. Dr. Liss von der Universität Heidelberg beschäftigt sich mit den Gesetzen zur rituellen Reinheit im mittelalterlichen aschkenasischen Judentum – vor allem im Rheinland – und in der modernen jüdischen Praxis.
Es wird danach gefragt, warum gerade bestimmte Gruppierungen im Rheinland zu bestimmten Zeiten entweder eine verstärkte theoretische Beschäftigung mit den Gesetzen zur kultischen Reinheit oder eine praktische Intensivierung der Reinheitsrituale entwickelt haben, welche innovativen Elemente in den Diskurs über rituelle Reinheitsgesetze gegenüber der klassisch-rabbinischen Anschauung der Antike eingebracht wurden und was davon im heutigen Judentum noch relevant ist.
Andreas-Broicher-Platz 1
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Nordrhein-Westfalen