Das Sinnliche und das Geistige – für Paul Celan vereinte Ingeborg Bachmann beides in einer Person. Entsprechend euphorisch begann die Beziehung der beiden 1948 in Wien. Trotzdem zog Celan wenige Wochen später nach Paris. Nur während eines längeren Besuchs Bachmanns in der französischen Metropole 1950 und bei einer Zufallsbegegnung 1957 in Wuppertal sah sich das Paar danach ausgiebiger wieder. Abgesehen davon blieb es mit einem Briefwechsel voller Höhen und Tiefen in Verbindung, bis es aufgrund eines gravierenden Streits kein gemeinsames „Weiter“ mehr gab.
Sie lieben sich, sie brauchen sich und können doch nicht miteinander leben
200 Zeugnisse der Korrespondenz zwischen zwei der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter*innen vereint das bei Suhrkamp erschienene Buch Herzzeit. Zeile für Zeile porträtieren sie ein Paar, das sich liebte, einander brauchte und trotzdem nicht miteinander leben konnte. Über Jahre und große Distanzen hinweg war es aber in der Lage, private Erfahrungen in Poesie zu übersetzen und einander seine Innenwelten zugänglich zu machen. Eine Verbindung war auch beider tragischer Tod: Celan beging 1970 Selbstmord, Bachmann starb 1973 mit 47 Jahren nach einem Brandunfall und Tablettenabhängigkeit.
Auszüge aus dem Briefwechsel hat das Stadttheater Cottbus in einem Videostream namens „Herzzeit“ szenisch umgesetzt: Schauspielerin Barbara Dussler mimt und spricht die evangelische Kärntnerin Ingeborg Bachmann. Dramaturg Patric Seibert übernimmt die Rolle von Paul Celan, der als Sohn jüdischer, 1942 deportierter Eltern im rumänischen Czernowitz geboren wurde. Dazu spielt Pianist Frank Bernard Teile der im Konzentrationslager Theresienstadt entstandenen 5. Klaviersonate von Viktor Ullmann.