„Sie sollen meinem Vorsatz gemäß nicht nur Bürger sein, sondern auch öffentliche Ämter bekleiden“, verfügte König Jérôme 1807 über die Jüdinnen*Juden im Königreich Westfalen. Seine Worte lösten nicht nur unter den Jüdinnen*Juden sondern auch in weiten Teilen der Bevölkerung freudige Überraschung und Zustimmung aus. Über viele Jahrzehnte hinweg lebten in den Städten und ländlichen Gebieten Westfalens Menschen christlichen und jüdischen Glaubens friedlich miteinander. Die Shoa bildete eine grausame und schmerzvolle Zäsur, aber nicht das Ende. Nach 1945 und noch einmal nach 1989 fand allerorten eine Renaissance jüdischer Kultur und jüdischer Gemeinden statt.
Ein Bewusstsein für das deutsch-jüdische Miteinander
Das Projekt „Jüdisch hier“ des LWL-Medienzentrums regt Kinder und Jugendliche zur Auseinandersetzung und zum Austausch mit Jüdinnen*Juden an ihrem Wohnort und ihrem Lebensumfeld an. Auf aktives historisches und soziales Lernen ausgerichtet, spornt es sie an, sich selbst auf Spurensuche nach dem reichen jüdischen Anteil am kulturellen Erbe des Landes zu begeben. Das Judentum gehört ebenso wie das Christentum und der Islam, über dessen Gelehrte das Erbe der Antike auf uns kommen konnte, zu den Fundamenten europäischer Kultur. Jüdinnen*Juden entwickelten eigenständige kulturelle Traditionen und waren zugleich auf vielfältige Weise mit ihrer sozialen und kulturellen Umwelt verwoben. Seit Beginn der Aufklärung, in der Jüdinnen*Juden nicht nur nach Bildung, sondern, durchdrungen vom Schiller’schen Geist der Völkerverständigung, auch nach Assimilation in die christlich-deutsche Umgebung strebten, haben sie die Entstehung der modernen europäischen Kultur wesentlich mitgeprägt.
Durch ihre aktive eigene Recherche, Gespräche mit Zeitzeug*innen, das Ausforschen von Erinnerungen und vor allem die Begegnung mit dem heutigen jüdischen Leben erlangen Kinder und Jugendliche ein Bewusstsein für dieses deutsch-jüdische Miteinander. Die Ergebnisse und Erfahrungen ihrer Erkundungen, Befragungen und Entdeckungen können sie medial aufarbeiten. Medienpädagogisch begleitet, erhalten sie die Möglichkeit, aus ihrem Material Filme oder Fotodokumentationen zu erstellen. Zum Abschluss werden all diese Arbeiten zu einer digitalen Ortsrallye zusammengeführt.