Das Projekt „Jüdische Musik in Nordrhein-Westfalen“ schafft mit Gesprächskonzerten gemeinsame Musikerlebnisse jüdischer und nichtjüdischer Menschen. Über diesen emotionalen Zugang umgeht es Ängste, Spannungen und Hemmungen. Spielerisch fördert es interkulturelle Kompetenz und entzieht Vorurteilen den Boden. Auf der intellektuellen Ebene vermittelt es Wissenswertes über das zeitgenössische jüdische Musikgeschehen und gibt Einblicke in seine Geschichte.
Jüdisches Musikleben im Wandel
Über das gegenwärtige jüdische Musikleben in Nordrhein-Westfalen liegen kaum Untersuchungen vor. Das Projekt schließt diese Lücke. In seinem Rahmen führt die Wissenschaftlerin und Journalistin Marion Mäder Recherchen zur Entwicklung des jüdischen Musiklebens von 1945 bis heute durch und erstellt eine Dokumentation. Im Zentrum ihrer Forschungsarbeit stehen die Städte Köln und Düsseldorf. Eine zusätzliche Dimension eröffnet die historische Auseinandersetzung mit dem Musikleben vor der Shoa.
In den Blick genommen werden die Entwicklungen und Veränderungen, die der Zustrom von Jüdinnen*Juden aus Polen, Ungarn und Rumänien in den vergangenen Jahrhunderten bewirkte, und der Wandel, der sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Zerfall der Sowjetunion vollzog, als erneut zahlreiche Jüdinnen*Juden aus dem Osten nach Deutschland kamen. Die Synagogen-Gemeinde Köln verzeichnete von 1989 bis 2017 einen Anstieg der Mitgliederzahlen von 1.358 auf 3.970. Nachdem die erste frei gewählte Regierung der DDR unter Lothar de Maizière entschieden hatte, „jüdischen Bürgern, denen Verfolgung oder Diskriminierung drohte“, aus „humanitären Gründen“ Asyl zu gewähren, hatte im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands die Regierung unter Helmut Kohl diesen Beschluss übernommen.
Das Bild, das sich von Jüdinnen*Juden herausgebildet hatte, erfuhr damit eine Veränderung. Denn diese Jüdinnen*Juden aus den Zerfallsstaaten des Sowjetimperiums waren in ihrer Mehrzahl nicht gläubig. Die kulturellen Einflüsse, die sie einbrachten und mit denen sie auch das Musikleben bereicherten, waren russisch und ukrainisch. Mit ihren Liedern, Tänzen und Musikinstrumenten webten sie neue Farben in das Klangbild. Zugleich etabliert sich auch Israel zunehmend als ein Zentrum des Musikschaffens, das auf Europa ausstrahlt.
All diese Einflüsse sowie die Entwicklungen, die sie anstoßen, gilt es zu ergründen und zu dokumentieren. Auf der Grundlage dieser Dokumentation werden im Rahmen des Projekts Konzertgespräche an Schulen und Universitäten veranstaltet. Professionelle Musiker*innen, Laien und Jugendliche, die sich im Bereich jüdischer Musik engagieren, sind dazu eingeladen. Die Gespräche verlaufen offen. Jede thematische Erweiterung wird zugelassen und aufgegriffen. Zudem soll die Dokumentation dazu anregen, die Entwicklung des jüdischen Musiklebens in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft zu verfolgen und festzuhalten.
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