Ludwigsburg | Baden-Württemberg
10.02.2022 | 20 bis 22 Uhr
Ausschnitt aus dem Film "Das Cabinet des Dr. Caligari"
Copyright: Murnau Stiftung
Konzert | Bühne
Klingende Utopien – 2021 Jüdisches Leben in Deutschland
Das Bundesjazzorchester präsentiert den Stummfilm-Psychothriller „Das Cabinet des Dr. Caligari“ in einer Neuvertonung des Hollywood-Filmkomponisten Jeff Beal.

Grotesk verzerrte Kulissen in Schwarz und Weiß, krummrückige Häuser mit monströsen Zeichen an den Wänden. Und mittendrin der Mörder, der durch die nächtlichen Gassen der Stadt geistert. Eine Welt der Irren und Psychopathen inmitten der Normalität, düster, surreal, ausweglos. Mit seiner klaustrophoben Atmosphäre schrieb der Stummfilm „Das Cabinet des Dr. Caligari“, der vor 100 Jahren, am 27. Februar 1920 im Berliner Filmtheater Marmorhaus, uraufgeführt wurde, Geschichte. „Gehen Sie in ,Caligari‘!“, schwärmte Maurice Ravel von diesem Meisterwerk des filmischen Expressionismus und fand, das Kino sei damit „endlich erschaffen worden“.

Verboten und als entartet deklariert

Vom phantastischen Kino, dem Horrorfilm bis hin zu David Lynch oder Tim Burton – sie alle ließen vom ‚Caligarismus‘, wie man bald dessen ungewöhnliche Ästhetik nannte, prägen. Die eigentlichen, vorwiegend jüdischen Schöpfer des Meisterwerks hingegen gerieten in Vergessenheit. Allen voran „Caligari“-Regisseur Robert Wiene (1878–1938), der den Film in den Weißenseer Ateliers vor den Toren Berlins inszeniert hatte. 1934 emigrierte er nach Paris. Carl Mayer, der das Skript verfasste, siedelte 1935 nach London über, wo er 1944 einem Krebsleiden erlag. Bis heute bekannt ist lediglich der ebenfalls jüdische Regisseur Fritz Lang. Ursprünglich sollte er die Regie übernehmen, wirkte dann allerdings nur beratend mit. 1933 wurde „Caligari“ in Deutschland verboten und 1937 als „entartete Kunst“ deklariert.

Mehrfach wurden die Filmbilder rekonstruiert. Die letzte digital aufpolierte Filmversion stammt von 2014. Weitaus schwieriger verhielt es sich mit dem Soundtrack. Versuche gab es einige, die Filmpartitur zu wiederherzustellen. Wie man heute weiß, hatte Produzent Erich Pommer seinerzeit erhebliche Probleme, für den avantgardistischen Film überhaupt ein Uraufführungskino zu finden. Auch das Marmorhaus lehnte zunächst ab, das „verrückte Ding“ zu spielen, sagte dann nur deshalb zu, weil ein anderer Film nicht rechtzeitig fertig geworden war.

Die Musik hat das Schicksal des Films beeinflusst

Dann ging alles sehr schnell. Der Kapellmeister hatte den Film erst am Tag vor der Premiere zu Gesicht bekommen, da war nur musikalische Improvisation möglich. Ein bisschen Beethoven und Schumann, ein bisschen Strauß und Donizetti, ein bisschen „Frau Luna“ vom Berliner Operettenkönig Paul Lincke. Die Rezeption war dementsprechend und Pommer zog den Film zurück. Nun wurde der Filmkomponist und Dirigent Guiseppe Becce aktiv. Er war mit Regisseur Wiene befreundet und erhielt den Auftrag, eine eigene Filmmusik zu schreiben. Nach vier Wochen gab es eine zweite Premiere, die den Durchbruch brachte. „Ich konnte Wienes Film zu einem vollen Erfolg führen“, sagte er 1970 in einer italienischen Zeitung. „Das war ein typisches Beispiel für den positiven oder negativen Einfluss der Musik auf das Schicksal eines Films.“

Über hundert Jahre später präsentiert das Bundesjazzorchester unter der Leitung von Niels Klein den Film mit dem neuen Soundtrack des Hollywood-Filmkomponisten Jeff Beal (u.a. „House of Cards“). Ergänzt wird der Abend durch fünf ebenfalls neuvertonte kurze Stumm- und Animationsfilme aus der seinerzeit berühmten Berliner Werbeagentur Julius Pinschewer: Werbefilmchen für „Maggi Würze“, Zahnpasta („Der Zahnteufel“, 1915) oder „Aspirin“.

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