Eine Veranstaltung des Projekts:
Der Künder
Martin Buber war eine der großen Figuren des Judentums, ein religiöser Denker, der vielen unbequem erschien, weil er sich um den Dialog zwischen allen Religionen bemühte und mit „biblischem Humanismus“ für die Gleichberechtigung von Araber_innen und Jüdinnen_Juden in einem gemeinsamen Staat eintrat. Damit stieß er auf viel Widerstand – unter anderem von Mahatma Gandhi.
Als Martin Mordechai Buber wurde er 1878 in Wien geboren. Nach der Trennung seiner Eltern kam er in die Obhut seiner wohlhabenden väterlichen Großeltern ins galizische Lemberg, deren strikt orthodox geführtes Leben nach der Tora, der hebräischen Bibel, ihn nachhaltig prägte. In Wien, Leipzig, Zürich und Berlin studierte er Nationalökonomie, Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte, Psychiatrie und Psychologie bei bedeutenden Gelehrten wie Wilhelm Dilthey und Georg Simmel.
1923 publizierte Buber sein berühmtes Ich und Du, das die Grundzüge seiner Philosophie des Dialogs enthält. 1930 wurde er Professor für Religionswissenschaften an der Universität Frankfurt, gab den Posten jedoch 1933 auf. Nachdem Bubers Wohnhaus in Heppenheim während der Novemberpogrome am 9. November 1938 verwüstet worden war, wanderte er schließlich nach Palästina aus und wurde Professor für Sozialpsychologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. 1965 starb er in Jerusalem.
Doppelte Weltpremiere
Etwa zehn Jahre vor seinem Tod hatte er ein Mysterienspiel über den biblischen Propheten Elijah verfasst, der in der jüdischen Tradition eine besondere Rolle spielt. 1984 inspirierte Bubers Bühnenwerk den ungarisch-amerikanischen Dirigenten und Komponisten Antal Doráti zu seiner Oper Der Künder. Wie Bubers Elijah wurde auch sie nie aufgeführt.
Kurz vor seinem Tod 1988 vertraute Doráti seinem einstigen Assistenten beim Detroit Symphony Orchestra, dem deutschen Dirigenten Martin Fischer-Dieskau, die Uraufführung seiner einzigen Oper an. Über drei Jahrzehnte später ist es nun so weit. Im Juni 2020 begann man mit der Einstudierung und Produktion des zweieinhalbstündigen Werkes.
Ungarn meets Amerika
Bubers Elijah sei schon als Schauspiel „kein trockenes Thesentheater“, sagt Fischer-Dieskau. Und: „In Dorátis Musikalisierung wird es zum gleißenden Politthriller“. Die Musik erinnere „stark an Bartók und Kodály, aber mit einem amerikanischen Einschlag, und es ist ein wundervolles Stück”, sagt Fischer-Dieskau. Die Inszenierung übertrug man Achim Freyer.
Parallel dazu entstand im Penderecki-Fernsehstudio im polnischen Krakau eine filmische Dokumentation, die in mehreren Erzählsträngen vom Leben und Werk der beiden jüdischen Autoren Buber und Doráti berichtet. Die CD-Gesamteinspielung von Der Künder erscheint beim Label ORFEO/Naxos.
Um den internationalen Spielort für die Weltpremiere als Buber-Doráti Festival wird noch gerungen. Optionen reichen von Jerusalems Museum of Tolerance über italienische Festivals bis zu einigen führenden Opernhäusern in Deutschland und der Schweiz, die sich ins Spiel gebracht haben.
Unterschiedlich besetzte Roundtables in der Moderation durch Harald Asel (RBB) werden am 30. April 2022 ab 18.30 Uhr in der W. Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums Klangbeispiele der CD-Produktion, das Erscheinen der ersten Martin-Buber-Gesamtausgabe bei Bertelsmann sowie den Dokumentarfilm von Reinhold Jaretzky präsentieren und Verbindungslinien ausloten. Prof. Dr. Martin Fischer-Dieskau als Dirigent, Produzent und Initiator der Gesamtproduktion hat aus diesem Anlass Buber-Experten, Literaturwissenschaftler und Künstler der CD-Produktion eingeladen.
W. Michael Blumenthal Akademie
Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz 1
10969 Berlin
Deutschland
Berlin