Eine Veranstaltung des Projekts:
1700 Jahre jüdische Kultur in Deutschland | Staatsoper Hannover & Villa Seligmann
Sie beide verbindet die deutsche Geschichte, da sie in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs gebaut wurden: die (heutige) Staatsoper Hannover und die Villa Seligmann. 1852 wurde das Opernhaus als Königliches Hoftheater eröffnet, ein spätklassizistischer Bau am östlichen Rand der Altstadt, der im Zweiten Weltkrieg zerstört und nach historischen Plänen wiederaufgebaut wurde.
Nahezu unversehrt blieb die nur 1,8 km vom Opernhaus entfernt stehende Villa Seligmann, ein großbürgerliches repräsentatives Wohnhaus aus Sandsteinquadern und hohem Mansarddach von 1906. Während des Kaisermanövers 1907 war hier der belgische Thronfolger Prinz Albert einquartiert. Nach dem Tode ihres Besitzers Siegmund Seligmann blieb die Villa bis 1931 Wohnsitz der Familie, die die Immobilie dann aber wegen hoher Unterhaltskosten und Steuerlasten der Stadt Hannover schenkte. 2012 erwarb die Siegmund-Seligmann-Stiftung die Immobilie zurück. Seitdem dient sie als Sitz des Europäischen Zentrums für jüdische Musik.
Der Erneuerer der Synagogalmusik
Beide Häuser laden nun gemeinsam dazu ein, in Konzerten und einer Podiumsdiskussion das Jubiläum zu begehen. Einen Brückenpfeiler bildet unter anderem die Musik des Komponisten Louis Lewandowski (1821–1894), den man den „Mendelssohn der Synagogalmusik“ nannte. In seinen Kompositionen erneuerte er den traditionellen Synagogalgesang, indem er die Gemeinde mitsingen ließ und unter anderem das deutsche Kunstlied in den jüdisch liturgischen Gesang integrierte.
Musikalische Gäste sind unter anderen Isidoro Abramowicz, Kantor an der liberalen Synagoge Pestalozzistraße in Berlin, und die Mitglieder des Norddeutschen Synagogalchors und des Synagogalchors Hannover sowie Musiker*innen der Staatsoper, die zudem vergessene und vernachlässigte jüdische Kammer- und Opernmusik der letzten Jahrhunderte spielen werden.
Eliah Sakakushev-von Bismarck, Leiter der Villa Seligmann, und Laura Berman, Intendantin der Staatsoper, laden zudem zum Diskurs über das heutige jüdische Selbstverständnis ein mit streitbaren Expert*innen wie Max Czollek (angefragt).
Mitglieder des Staatsopernensembles singen Lieder von Kurt Weill, Leonard Bernstein, Verdina Shlonsky und anderen jüdischen Komponist*innen. Von Deutsch und Französisch über Hebräisch und Jiddisch bis zu Tschechisch und Kroatisch reicht das Spektrum der vertonten Sprachen.
Die Tendenz zur Assimilation in der Annäherung an nichtjüdische Literatur und Folklore steht gleichberechtigt neben eigenständig jüdischen Traditionslinien – oftmals ist sogar beides im Werk ein und desselben Komponisten ablesbar.