Eine Veranstaltung des Projekts:
Schalom Sisters*! Jüdisch-feministische Positionen
Die jüdische Tradition ist reich an weiblichen Wurzeln. Da ist Lilith, die später dämonisierte erste Frau Adams und ein Symbol weiblicher Selbstständigkeit. Da ist Aschera, die auf Inschriften in Kuntillet Ajrud als Gefährtin Gottes erwähnt wird. Und da ist jene kanaanäische Göttin, deren Kult immer wieder auflebt. Auch die Weiblichkeit Gottes in der Kabbala wurzelt in der jüdischen Tradition. So taucht bereits im Bahir die Idee der zehn göttlichen Potenzen auf, von denen die zehnte weiblich ist. All diese Traditionen wurden jedoch unterdrückt und verschüttet.
Eine Ausstellung in der ehemaligen Augsburger Synagoge Kriegshaber hinterfragt den männlichen Anspruch auf die Interpretationshoheit der Tradition und öffnet feministische Perspektiven auf das jüdische Erbe. Kunstwerke wie ein von Frauen gestifteter Tora-Vorhang oder die Arbeiten der 2020 an Covid-19 verstorbenen Multimedia-Künstlerin Helène Aylon weisen alternative Wege des Umgangs mit der Unsichtbarkeit der Frau im Synagogenraum und ihrer Verdrängung aus den Heiligen Schriften.
Geeint im Kampf gegen das Patriarchat
An die 1891 eingerichtete Augsburger Zweigstelle des Münchner Ateliers Elvira von Anita Augspurg und Sophia Goudstikker erinnert eine Ausstellung im Schaufenster des Geschäfts Ringfoto Tezel. Die beiden jüdischen Fotografinnen zählten zu den Protagonistinnen der deutschen Frauenrechtsbewegung. Diese wurde wesentlich von jüdischen Frauen mitgetragen wie etwa der Schriftstellerin Hedwig Dohm, Jeanette Schwerin, Alice Salomon und Henriette Fürth, der Mitbegründerin der Mutterschaftsbewegung und Sozialfürsorge. Geeint im Kampf gegen patriarchalische Muster und für ein Frauenwahlrecht, vertraten die jüdischen Frauen auch soziale Anliegen.
Im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg wandern Frauenkörper als Intervention durch die Dauerausstellung und erzählen von jüdischen Arbeiterinnen, Fabrikbesitzerinnen und Gewerkschafterinnen, die im Nationalsozialismus vertrieben oder ermordet wurden. Fühlbar wird die einschneidende Zäsur der Shoa, nach der es in Europa lange Zeit keinen jüdischen Feminismus mehr gab.
Aktuelle jüdisch-feministische Positionen und ihre Vermarktung stehen im Pop-up-Store Zwischenzeit in der Augsburger Innenstadt zur Diskussion. Und im öffentlichen Raum Augsburg lenkt eine als Suffragetten-Demonstration gestaltete Straßenbahn den Blick auf die internationale Perspektive des jüdischen Feminismus. Suffragetten nannte die Presse damals verächtlich die britischen und amerikanischen Frauenrechtlerinnen, die mit passivem Widerstand und Störungen für ein Frauenwahlrecht eintraten. Die Frauen übernahmen die Bezeichnung und werteten sie auf. Die Augsburger Suffragetten-Straßenbahn lädt auch zur Mitwirkung ein. Denn den jüdischen Akteurinnen ging es immer um eine bessere Welt für alle.
Hinter den bunten Bildern der Gay Pride Parade in Tel Aviv steckt eine Dimension der rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen, mit der Israel nicht nur eine Inselposition im Nahen Osten einnimmt, sondern die zu den progressivsten weltweit gehört.
Sie ermöglicht alternative Eltern- und Familienmodelle, die in Deutschland bisher weitgehend unbekannt sind. Gleichzeitig offenbart sich an diesem Thema die tiefgreifende Spaltung der israelischen Gesellschaft zwischen der »Bubble« Tel Aviv und dem Rest des Landes sowie zwischen ultraliberalen und ultrakonservativen Lebensentwürfen.
Ein Vortrag von Dr. Nora Pester, Hentrich & Hentrich Verlag Berlin Leipzig mit Bildern von Ilan Nachum.
Provinostraße 46
86153 Augsburg
Deutschland
Bayern