Saarbrücken | Saarland
02.12.2021 | 19 bis 20.30 Uhr
Kolja Lessing
Konzert | Bühne
Spuren jüdischer Komponisten an der Saar – Eine klingende Entdeckungsreise
Spielen gegen das Vergessen
Kolja Lessing erinnert mit einem Konzert an die jüdischen Komponisten, die an der Saar tätig waren und deren Œuvre heute weitgehend vergessen ist.

Erwin Schulhoff kam 1920 nach Saarbrücken. Er war ein gefragter Klaviervirtuose, der mit vollendeter Technik und rhythmischer Präzision beeindruckte. Mit seinem kompositorischen Schaffen, zu dem er sich von Jazz und Dadaismus inspirieren ließ, stand er an der Spitze der Avantgarde. In Saarbrücken erhielt er eine Stelle am Bornscheinschen Konservatorium. Eduard Bornschein, der einer der bedeutendsten saarländischen Komponisten war, hatte das Konservatorium 1912 ins Leben gerufen und bereicherte damit auch das Musikleben der Stadt. So veranstaltete er Kammermusikkonzerte mit den Lehrkräften, in denen Werke zeitgenössischer Komponisten wie Richard Strauss, Claude Debussy, Maurice Ravel und immer wieder Gustav Mahler zur Aufführung kamen. Auch Schulhoff, der die Klavieroberklassen leitete, stand mit seinen Kompositionen auf dem Programm.

Neue Jüdische Schule

Ein reger Austausch fand in jenen Jahren zudem mit russischen Musiker*innen statt. Das jüdische kulturelle Leben in Russland hatte nach der Revolution einen ungeheuren Aufschwung erfahren. Von 1923 bis 1931 wirkte in Moskau die Gesellschaft für jüdische Musik, deren Mitglieder für einen jüdischen Stil eintraten und bis Anfang der 1930er-Jahre intensive Kontakte zu Musikkreisen in Deutschland unterhielten. Joachim Stutschewsky, der am Leipziger Konservatorium studiert hatte, engagierte sich besonders für diese Neue Jüdische Schule und wurde mit seinen Aufsätzen auch ihr wichtigster Theoretiker. Er reiste überall herum, ehe er sich 1938 zur Flucht gezwungen sah.

1933 kam der Komponist Julius Schloss nach Saarbrücken. Geboren 1902 in Saarlouis, hatte er nach seinem unglücklichen Rauswurf aus der Hochschule in Frankfurt Anschluss an die Wiener Schule gesucht. Er war Schüler und Assistent von Alban Berg gewesen, wollte sich dann aber nicht länger in dessen kompliziertes Leben verstricken. Als er in Saarbrücken eintraf, gab es für jüdische Komponisten keine Perspektive mehr. Schloss engagierte sich eine Zeit lang im Jüdischen Kulturbund. Doch nach seiner Internierung im Konzentrationslager Dachau floh er über Genua nach Shanghai. Die meisten seiner Werke blieben unveröffentlicht.

Kolja Lessing ist Geiger, Pianist und Musikwissenschaftler. Seine Hingabe gilt den vom Nationalsozialisten verfemten jüdischen Komponisten. Er forscht nach ihren Werken und engagiert sich für ihre Wiederentdeckung. Für sein Konzert in Saarbrücken hat er Werke von Komponist*innen gewählt, die längere Zeit an der Saar tätig waren. Friedrich Gernsheim etwa, der mit Johannes Brahms befreundet war und dessen Kompositionen von Mahler dirigiert wurden, hatte 1860 in Saarbrücken seine erste Anstellung gefunden. Er war Dirigent des Chores und des Sinfonieorchesters Saarbrücken. Im Nationalsozialismus verschwanden seine Werke jedoch von den Podien und wurden aus den Musikbibliotheken entfernt.

Ebenfalls auf Lessings Programm stehen Werke des israelischen Komponisten Tzvi Avni. Dieser wurde in Saarbrücken geboren, ehe seine Eltern 1935 mit ihm nach Haifa emigrierten. Seit 1989 besucht er regelmäßig seine Geburtsstadt, zu deren Ehrenbürger er ernannt wurde.

Informationen zur Veranstaltung:

Kolja Lessing (Violine, Klavier, Moderation) spielt Werke von Tzvi Avni (*1927), Friedrich Gernsheim (1839-1916), Maurice Ravel (1875-1937), Julius Schloß (1902-1972), Erwin Schulhoff (1894-1942) und Joachim Stutschewsky (1891-1982).

Das Konzert findet unter der Schirmherrschaft der Ministerin für Bildung und Kultur, Frau Christine Streichert-Clivot, statt und ist eine Kooperationsveranstaltung mit der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes (CJAS).

Weitere infos hier
Zusatzinfos
Barrierefreier Zugang
Eintritt frei
COVID-19
FFP2-Maske, 3G-Regel
Veranstaltungsdaten
Pingusson-Bau (ehem. Kultusministerium)
Saal 3
Hohenzollernstr. 60
66117 Saarbrücken
Deutschland
Saarland
Infos/Tickets:
Informationen zum Veranstalter
Christlich-Jüdische AG Saar (CJAS)
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