„Auf Zukunft hin – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“: Sonderpublikation des Herder-Verlags zum Festjahr
Am heutigen Montag erscheint ein 64-seitiges Magazin zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ im Verlag Herder. Herausgegeben vom Verein 321 stellt die Sonderpublikation in der Reihe „Herder Thema“ unter dem Titel „Auf Zukunft hin“ das Festjahr mit all seinen Facetten, ausgewählten Gesichtern und Geschichten vor. Prominente Autor*innen wie der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster, Rabbiner und Politiker*innen (Ministerpräsident*innen Armin Laschet, Markus Söder, Malu Dreyer und Winfried Kretschmann), aber auch Vereinsmitglieder aus Vorstand, Kuratorium und Geschäftsstelle äußern sich in ihren Beiträgen zum Judentum in Deutschland, internationalen Kooperationen und dem interreligiösen Dialog.
„Das Themenheft der Herder-Korrespondenz ist ein gelungener Beitrag, wie ‚1700 Jahre jüdisches Leben‘ aus Sicht der Religionen, aber auch aus politischer Sicht akzentuiert werden kann“, bilanziert der Vorstandvorsitzende des Vereins 321, Dr. Matthias Schreiber. Aktuelle Fragen, historische Bezüge, politische Zusammenhänge und internationale Dimensionen seien aufgenommen worden und „zeigen die Bedeutung, die dieses Festjahr offenlegt“.
Es sind spannende und aufrüttelnde Perspektiven auf das jüdische Leben in Deutschland – in seiner Vielfalt, im Dialog mit Christentum und Islam, in politischer und kultureller Hinsicht. Manche Autor*innen haben auch kritische Fragen an das heutige Deutschland und seine Bewohner*innen. So sieht Julian-Chaim Soussan das laufende Festjahr durchaus mit gemischten Gefühlen: „Die deutsch-jüdische Symbiose hat nie wirklich stattgefunden“, findet der Frankfurter Rabbiner und Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland. Die Beziehung sei fragil.
„Während wir 1700 Jahre voll kultureller, wissenschaftlicher und sozialer Beiträge feiern, harren Jüdinnen und Juden in den Tiefen des deutschen Alltags weiterhin auf Menschlichkeit und Solidarität: in der Umkleidekabine eines Fitnessstudios, abends an der Bushaltestelle oder auf dem Pausenhof einer Schule“, bestätigt der Hamburger Student David Navon, einer der Stipendiaten des Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerkes, deren Zitate das Heft durchziehen.
Andere Autor*innen stellen Überlegungen an, wie die Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen künftig aussehen könnte. „Die Deutschen müssen stärker das Leid der europäischen Nachbarn zur Zeit der Shoa wahrnehmen“, begründet der Kuratoriums-Vorsitzende der Vereins 321, Prof. Dr. Jürgen Rüttgers, seine Idee eines Europäischen Holocaust-Museums. In sehr persönlichen Beiträgen berichten Nachkommen von Überlebenden über ihre ungewöhnlichen Wege, die sie ausgerechnet auch in Deutschland ihre Koffer auspacken ließ – die Erinnerung und auch den Schmerz im Gepäck. Zugleich erfüllt es den gebürtigen Niederländer Edward van Voolen „mit Freude und Stolz“, in Deutschland Rabbiner zu sein: „Ich möchte das fortsetzen, was unterbrochen wurde.“
Auch die Rede von Marina Weisband, die die junge Publizistin und Politikerin am Holocaust-Gedenktag 2021 vor dem Deutschen Bundestag gehalten hat, wird in der Sonderpublikation veröffentlicht. Mit dem Versprechen des Vaters, in Deutschland einfach nur Menschen sein zu können, wanderte die Familie als jüdische Kontingentflüchtlinge 1993 aus der Ukraine in das Land ihrer Vorfahren ein. „Heute gehe ich zum Gebet durch Sicherheitskontrollen“, beschreibt Weisband. „Und ich lerne, dass der Traum vom ,einfach nur Mensch sein‘ Arbeit bedeutet.“
Ein Rezensions-Exemplar können Sie hier als PDF downloaden.
INFO:
Das Magazin ist für 14 Euro im Buchhandel erhältlich oder kann hier bestellt werden.