Die Rede von Armin Laschet
Grußwort von Ministerpräsident Armin Laschet anlässlich des Festaktes „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ am 21. Februar 2021
„Seit 1.700 Jahren ist das Judentum ein fester Bestandteil der deutschen Geschichte. Wir in Nordrhein-Westfalen sind im 75. Jahr seit Gründung unseres Landes ganz besonders stolz darauf, dass sich der erste Nachweis einer jüdischen Gemeinde auf die größte Stadt unseres Landes bezieht. Die jüdische Gemeinde in Köln ist damit nicht nur die älteste Gemeinde in Deutschland, sondern die älteste nördlich der Alpen.
In den vergangenen 1.700 Jahren hat das Judentum viele bedeutsame, ja, großartige Beiträge für die Kultur, die Wirtschaft und die Wissenschaft hierzulande geleistet. Ein viel zu großer Teil der Geschichte ist jedoch von der Verfolgung und Unterdrückung von Jüdinnen und Juden geprägt, die im Menschheitsverbrechen des Holocaust ihren grausamen Höhepunkt fand.
Der Holocaust begründet eine besondere geschichtliche Verantwortung der deutschen Gesellschaft und des Staates für das jüdische Leben in der Bundesrepublik Deutschland. Dass es nach den Verbrechen der Shoa heute wieder eine vielfältige jüdische Gemeinschaft in Deutschland gibt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Es ist ein Geschenk und deshalb ein Grund zu großer Freude und Dankbarkeit.
Unser Land und Israel verbindet eine lange Freundschaft. 1965, also vor über einem halben Jahrhundert, haben der Staat Israel und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Schon Jahre vorher bezogen israelische Diplomaten in Köln und später in der Bundeshauptstadt Bonn Quartier. Nordrhein-Westfalen hat diese Bemühungen um Aussöhnung von Beginn an mit ganzer Kraft unterstützt und gefördert. So kam es, dass dem früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau eine ganz besondere Ehre zuteilwurde: Als erster Deutscher überhaupt sprach er im Februar 2000 vor der Knesset. Schon für seine Vorgänger war es eine Selbstverständlichkeit, den Bau neuer Synagogen überall im Lande auch finanziell zu unterstützen. Nur die Kölner Synagoge in der Roonstraße konnte auf ihren Trümmern wiedererrichtet werden und ist heute ein besonderes Juwel der Stadt.
Freuen wir uns also auf das Festjahr 2021! Feiern wir 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen! Und setzen wir dabei auch einen klaren Kontrapunkt zu antisemitischen Vorfällen, zu antijüdischen Verschwörungstheorien, zu antisemitischer Hetze im Netz und auf der Straße!
Nutzen wir dieses besondere Jahr, um einander besser kennen zu lernen. Nutzen wir diese Gelegenheit, jüdisches Leben einer großen Öffentlichkeit näher zu bringen! Sprechen wir über die großen Verdienste unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger um unser Land, für unsere Demokratie, für unsere Kultur, für unseren Wohlstand, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft! Und zwar mit Respekt und Stolz und Selbstbewusstsein, damit jüdisches Leben in Deutschland endlich zu einer Selbstverständlichkeit werden kann – im Wissen um unsere Geschichte, aber auch mit dem festen Willen, gemeinsam in eine bessere Zukunft zu gehen. Das wünsche ich Ihnen und das wünsche ich unserem Land.“